20. Januar 2007

Facetten

Du sollst für einen Online-Weinhändler die Navigation seiner Website überarbeiten. Nun, welche Wege könnte es geben ein umfangreiches Weinsortiment zu erschließen? Wir lassen Nutzerbefragungen aussen vor und fragen uns selbst: nach welchen Kriterien lässt sich Wein sortieren?

Wein gibt es in drei Farben (Rot, Weiss, Rose´). Wein kommt aus verschiedenen Ländern (zum Beispiel Süd Afrika, Deutschland, Frankreich) und dort aus unterschiedlichen Anbaugebieten (Bordeaux, Rioja, Toskana ...). Wein lässt sich nach Trauben sortieren (beispielsweise Pinot Noir, Chardonnay, Merlot), nach Geschmack (trocken, halbtrocken, lieblich ...äh, gibts noch mehr?) oder nach dem Jahr seiner Abfüllung.

Wein scheint ein Eldorado für Informationsarchitekten zu sein. So viele Wege führen zum Ziel. Was ist die beste Möglichkeit Daten zu strukturieren, Inhalte zu erschließen und welche Optionen gibt es überhaupt?

Wurman spricht von LATCH (location, alphabet, time, category, hierarchy), alles auf unser Weinbeispiel anwendbar. Peter Van Dijck zählt Time, Subject (beispielsweise Prosecco) und Topic (zum Beispiel koscherer Wein) auf. Das Polar Bear Book fügt noch Audience (beispielsweise Weinkenner) hinzu.

Facetten

Auf jeden Wein treffen mehrere der genannten Organisationskrierien zu. So ist ein 2004er Seidelberg Pinotage unter anderem in folgenden, virtuellen Schubladen zu finden: Jahrgang (2004), Land (Südafrika), Anbaugebiet (Western Cape), Rebsorte (Pinotage), Farbe (Rot), Geschmack (Trocken), Lagerfähig (2009). Diese Schubladen sind Kategorien. Wenn diese Kategorien alle Teil einer höheren Betrachtung sind (beispielsweise Wein) nennt man diese Kategorien Facetten.

Facetten bilden einzelne Aspekte eines grösseren Ganzen, wobei sich durch das Zusammenführen mehrerer Facetten das Ganze erschließt. Diese Eigenschaft von Facetten kann man sich zunutze machen, wenn man sich mit Webnavigationen beschäftigt.

Anstatt eindimensionales Schubladendenken in den Navigationsaufbau einfließen zu lassen, kann man sich fragen aus welchen Facetten das betrachtete Thema eigentlich besteht.

Facetten (beispielsweise Anbaugebiet in unserem Wein-Beispiel) enthalten Foci (auch Islolate genannt). Mögliche Foci der Facette Anbaugebiet wären beispielsweise Kalifornien, Italien oder Deutschland. Foci müssen aber nicht ein Thema in seiner erschöpfenden Gesamtheit betrachten, sie richten sich viel mehr nach dem tatsächlich Betrachteten. Also im Falle Französischer Weine hätte die Facette Anbaugebiet andere, spezifischere Isolate (Bordeaux, Burund, Champagne... ).

Ein Focus enthält letztendlich die Schnittmenge vorhandener Daten und Inhalte um die es innerhalb des Webauftritts (hier eine Wein-Webseite), oder allgemein eines Themas, geht. In der Facette Farbe, im Focus Weiss befände sich dann unter anderem ein Weissburgunder, ein Riesling und ein Silaner.

Mehrere Wege führen nach Rom

Der Vorteil von Facetten ist, dass Inhalte (die Werte der Foci) durch unterschiedliche Facetten beschrieben werden können. Das Bietet Nutzern die Chance auf unterchiedlichen Wegen zum Ziel zu gelangen. Man navigiert über Facetten und Unterfacetten zu Isolaten und immer tiefer in die Datenmenge hinein, wobei sich diese mit jedem Schritt weiter eingrenzt. In jeder Kategorie befinden sich zudem thematisch verwandte Objekte (beispielsweise unterschiedliche Weissweine im Focus Weiss). Das unterstützt das browsen, also ein Stöbern, des Users.

Facetten und ihre jeweiligen Unterkategorien haben zudem keine dead ends. Jeder Weg führt zumindest irgendwo hin. Wie oft hat man einen Suchbegriff in ein Suchfeld eingetragen, nur um dann zu erfahren, dass das System damit nichts anfangen kann? Facetten hingegen vereinen Browsen und Suchen nahtlos und unterstützen das Erforschen und Erlernen.

This is the End

Ich möchte hier erstmal enden. Da mir aber kein abrundender Schlusssatz (mit drei S?) einfällt bediene ich mich einfach eines Jim Morrison Zitats. Es passt überhaupt nicht zum Thema, enthält aber immerhin den Begriff Facette.

I used to see the universe as a mammoth snake, and I used to see all the people and objects, landscapes, as little pictures in the facets of their scales.